Zahnarztpraxis mobil: unser Service für Senior:innen

Liebe Leserinnen und Leser,

was tun, wenn der Gang zu Ihrer Zahnarztpraxis nicht mehr möglich ist? Diese Frage haben wir uns bereits vor einigen Jahren gestellt. Unsere Antwort: wir schicken bei Bedarf mobile Einsatz-Teams zu verschiedenen Wohneinrichtungen für ältere Menschen. So erhalten Patient:innen, die nicht mehr zu uns in die Praxis kommen können, weiterhin eine angemessene zahnärztliche Betreuung. Manchmal wechseln Senior:innen, die wir lange in unserer Praxis betreut haben, in eine Pflege-Einrichtung und empfehlen uns dort dann weiter. Oft ist die Freude gross, wenn sie uns weiterhin sehen können – sei es zur Vorsorge, oder auch nur, um das Kontaktbedürfnis zu befriedigen.

Unsere Idee

Die Idee zur mobilen Zahnarztpraxis entstand in einem ganz anderen Zusammenhang: Schon seit vielen Jahren gehen wir in die Grundschulen, um dort Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen. Bei einem dieser ‚Schulausflüge‘ fragte ich mich: «Warum gehen wir eigentlich nicht auch ins Seniorenheim?» Seitdem bieten wir ungefähr vierteljährlich Kontrolluntersuchungen in den nahegelegenen Senioreneinrichtungen an. Und unser Angebot kommt dort bestens an: Die Einrichtungen reagieren sehr positiv und die Bewohner sind sehr erleichtert und dankbar. Es muss aber nicht immer ein Heim sein, wir sind auch schon zu Privatwohnungen von pflegebedürftigen Personen gefahren. Grössere Eingriffe wie eine Implantat-Operation, Röntgenbilder oder Zahnziehen führen wir natürlich trotzdem in der Praxis durch – aber häufig wird erst bei der turnusmässigen Kontrolle klar, dass diese überhaupt nötig sind.

Schlechte Zähne im Alter – das muss nicht sein

Untersuchungen im Auftrag der Barmer Krankenversicherung zeigen, dass pflegebedürftige Personen deutlich häufiger Zahnprobleme bekommen als nichtpflegebedürftige im gleichen Alter.1 Viele Senior:innen haben, ich drücke das mal drastisch aus, verwahrloste Verhältnisse im Mund – und das in wohlhabenden Ländern wie der Schweiz! Ein Hauptgrund: Pflegekräfte erhalten meistens keine zahnmedizinische Ausbildung.
Deshalb haben sie häufig Kontaktangst und wissen nicht, ob sie im Mund der Patient:innen etwas anfassen oder herausnehmen können. Aus einer Mischung von Unkenntnis, Ekel und Scham entsteht dann unnötiges Leid für die Bewohner:innen, die häufig nicht mehr selbstständig Zähneputzen können. Wir möchten mit unserem Einsatz dazu beitragen, diese Situation deutlich zu verbessern. Denn die positiven Effekte guter Zahnhygiene im Alter sollten Sie nicht unterschätzen: Das Risiko für ernste Erkrankungen wie zum Beispiel Herzinfarkt, Diabetes oder Arthrose sinkt bei guter Mundpflege deutlich. Und selbst oral gesunde Covid-19-Patienten zeigten weniger schwere Verläufe und verstarben seltener.2

Alterszahnmedizin – ein Logistik-Albtraum

Sobald Senior:innen in ein Alten- oder Pflegeheim umziehen, haben sie häufig Schwierigkeiten, zur Vorsorge in die Praxis zu kommen. Besonders für die Heime bzw. Einrichtungen für betreutes Wohnen bedeutet das einen riesigen Aufwand: Rollstuhlgeeignete Fahrzeuge müssen verfügbar sein und extra Fahrer:innen organisiert werden, welche die Patient:innen zur Praxis bringen und nach einer zuvor definierten Zeit wieder abholen. Das lohnt sich erst recht nicht für Routine-Eingriffe wie Zahnreinigung, Füllungen oder das Entfernen einer Prothese-Druckstelle.

Immer mobil – vom Handkoffer zum Zahnarztstuhl

Für die Einsätze verwenden wir eine mobile Einheit, die man mit wenigen Handgriffen schnell und unkompliziert vom Handkoffer zum Zahnarztstuhl umfunktionieren kann. Die Patient:innen sitzen während der Untersuchung in einem höhenverstellbaren Stuhl – die meisten Heime haben solche variablen Stühle beispielsweise für Coiffeurebesuche. Für unsere mobilen Einsätze haben wir einen Datentunnel eingerichtet, mit dessen Hilfe die Ärztinnen und Ärzte vor Ort auch auf Röntgenbilder und Patientendaten zugreifen können. Ausserdem ist es praktisch, dass wir das Labor direkt mit im Haus haben. Wenn wir bei der Untersuchung etwa einen Defekt an der Prothese bemerken, können wir das unmittelbar an unsere Techniker:innen weitergeben und das Problem schnell beseitigen. Die Besuche in den Senioreneinrichtungen finden parallel zu unserem regulären Praxisbetrieb statt: Meistens verbringen ein Zahnarzt bzw. eine Zahnärztin und ein:e Prophylaxe-Assistent:in einen Vor- oder Nachmittag im Heim. Dort kümmern sie sich um alle Bewohner, die vorab Bedarf angemeldet haben.

Wissen überwindet Berührungsängste

Ein toller Moment für mich persönlich war, als wir mit dem Pflegepersonal ein Training zum Thema ‚Mundhygiene im Altenheim‘ durchgeführt haben. Wir gaben den Pfleger:innen Formulare an die Hand, mit Informationen welche Art von Zahnersatz die Bewohner:innen jeweils im Mund trugen und ob Teile davon herausnehmbar waren oder nicht. So war immer klar, selbst bei Schichtwechseln, wie man mit einem bestimmten Patienten umgehen konnte. Damit nahmen wir den Pfleger:innen die Berührungsangst, was sie sehr dankbar angenommen haben.

Gebiss im Wasserglas – Relikt aus alten Zeiten

Was mir persönlich immer wieder auffällt: Im Selbstverständnis älterer Menschen hat sich einiges getan. Gesundheit und Aussehen der eigenen Zähne ist keinem egal. Waren Zahnprothesen noch vor wenigen Jahrzehnten ganz normal und akzeptiert, ist heute der Anspruch an die eigenen Zähne im gesundheitlich-funktionellen sowie im ästhetischen Sinne deutlich gestiegen. Wunsch und Ziel: Ein langfristiger Erhalt der Struktur und der optischen Werte der natürlichen Zähne bis ins hohe Alter. Wir Zahnärzt:innen sind mit der Aufgabe betraut die Zähne, wenn möglich, bis ins hohe Lebensalter zu erhalten.
Wenn dann doch mal Zahnersatz nötig ist, soll er in allen Lebenssituationen stabil und unauffällig sein. Dieses Stück Lebensqualität wollen wir allen Patient:innen ermöglichen, egal wo sie gerade wohnen.

Gesundes Lächeln für alle

Ich denke, mit unserem Programm konnten und können wir schon vielen Senior:innen helfen und irgendwie rundet es unsere Arbeit auch ab: Wir betreuen unsere Patient:innen vom ersten bis zum letzten Zähnchen und auch wenn mal gar keine mehr da sein sollten. Das gehört für mich einfach mit dazu.

Herzlichst

Ihr Dr. Falk Wytek

Quellen:
1. Marouf, N et al. (2020) Journal of Clinical Periodontology: Association between periodontitis and severity of COVID‐19 infection: a case‐control study.
2. Rädel, M et al. (2018) Zahnreport 2018. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse.